Goldhahn und Sampson
Wie sieht für dich persönlich ein typischer Tag bei Goldhahn und Sampson aus?
Um 7:30 Uhr schwinge ich mich auf mein Rad und düse zur Frühschicht in die Charlottenburger Filiale. Dann heißt es ab 8 Uhr: Türen auf, Tische und Stühle raus und den Kaffee-Ausschank organisieren. Da wir eigentlich hauptsächlich Einzelhändler sind, beschäftige ich mich neben dem Ausschank um ganz simple Dinge wie Kund*innen beraten, Regale aufstocken, unsere Käsetheke in Schuss halten (meine 2. Leidenschaft), aufräumen und natürlich putzen. Wenn ich nicht an der Bar anzutreffen bin (sondern mit Kamera und Laptop bewaffnet), drehe ich meine Runden als Beauftragter für unseren Social-Media-Auftritt (meine 3. Leidenschaft). Fotografieren, Recherchieren und Texten macht mir großen Spaß!
Euer Anspruch ist es, qualitativ hochwertige Lebensmittel und alles, was dazu gehört, zu verkaufen. Denkst du, die Menschen legen heute wieder mehr Wert auf die Herkunft und die Qualität ihrer Lebensmittel?
Ich denke schon, dass das Thema ‚Bewusstsein und Genuss‘ auch im Lebensmittelbereich sehr viel populärer und präsenter geworden ist über die letzten Jahre. Wir sind große Fans von kleinen, handwerklichen Betrieben, die noch (oder wieder) mit althergebrachten bzw. traditionellen Methoden ihre Produkte erzeugen. Das schlägt sich natürlich auch im Geschmack, der Vielfalt und Vermarktung nieder. Viele unserer Produkte importieren bzw. beziehen wir direkt, statt über Zwischenhändler einzukaufen. Das ist heute leider im Lebensmittelbereich alles andere als selbstverständlich. Das wissen unsere Kund*innen auch sehr zu schätzen.
Neben dem Einzelhandel bietet ihr auch Kochkurse an. Kannst du uns ein bisschen durch das Konzept dahinter führen? Wie wählt ihr eure Kursleiter*innen aus? Arbeitet ihr regelmäßig mit ihnen zusammen? Beziehen sich dir Kurse nur auf Essen oder gibt es auch Kurse zum Thema Wein und Kaffee?
Unsere Kochkurse waren von Beginn an eine wesentliche, fundamentale Säule des gesamten Ladenkonzeptes. Sie sind sozusagen der Schmelztiegel, indem sich unsere sorgfältig ausgewählten Produkte und die Verwendung in entsprechenden Rezepten vereinen. Hierbei kocht ihr in Kleingruppen mit Hilfestellung eines/r Kochkursleiter*in ein sorgfältig erarbeitetes Menü und lernt live vor Ort die entscheidenden Tricks vom Profi. Unsere Kochkurslehrer*innen sind alle auf ihrem individuellen Feld absolute Spezialist*innen (und zum Großteil begeisterte Quereinsteiger*innen und selten ‚klassisch‘ ausgebildeten Köche/Köchinnen). Sie brennen, wie wir auch, für bestimmte Themen und haben großen Spaß daran, ihr Wissen direkt an Interessierte und Neugierige wie euch weiterzugeben. Daneben veranstalten wir auch regelmäßig Seminare und Verkostungen zum Thema Wein, Kaffee, Käse und vielen anderen spannenden Themen.
Durch die Pandemie haben viele Menschen wieder vermehrt angefangen, zuhause zu kochen oder zu backen. Leider könnt bzw. konntet ihr eure Kurse nur noch online anbieten. Habt ihr trotzdem eine vermehrte Nachfrage feststellen können?
Ich denke, für viele ist das Kochen - besonders während der Hochphasen der Pandemie, als die meisten Restaurants und Einzelhändler schließen mussten - ein verstärktes oder sogar völlig neues Hobby geworden. Und dafür sind wir eine verlässliche und kompetente Anlaufstelle. Die Umstrukturierung unserer Kochkurse vor Ort auf das Online-Format war natürlich auch für uns eine große Herausforderung und komplettes Neuland! Letztendlich haben wir damit aber (wenn auch aus der Not heraus) eine komplett neue und besondere Herangehensweise ge- bzw. erfunden, um Freunde, Familien und Firmen aus der ganzen Welt zeitgleich zum heimischen Kochen zu motivieren.
Euer Kaffeesortiment ist, wie euer gesamte Sortiment, sehr bewusst ausgewählt. Ihr habt Kaffees aus den unterschiedlichsten Röstereien. Seid ihr dabei auf Röstereien in Deutschland beschränkt oder schaut ihr euch europa- bzw. weltweit um?
Unser Angebot an Kaffee, insbesondere Specialty Coffee, hat sich in den letzten Jahren wirklich vervielfacht. Die Leute werden auch bei uns immer experimentierfreudiger, was den Röstgrad die Herkunft und die Zubereitung von Kaffee anbelangt. Wir sehen uns hierbei eher als Vermittler (nicht dogmatische Erzieher*innen) und versuchen die Kund*innen individuell abzuholen und gemeinsam auf die Reise zu gehen. Um das Thema Kaffee ranken sich ja nach wie vor allerhand wilde und verrückte Mythen. Am Ende des Tages ist es unser Ziel, dass unsere Kund*innen und Kaffee glücklich miteinander das Geschäft verlassen (und natürlich bestenfalls regelmäßig zurückkommen!). Egal, ob eher dunkel und kräftig geröstet mit säurearmen Geschmacksprofil oder doch ein knackiger, gewaschener Kenianer, der deutlich heller unterwegs ist und beispielsweise saftige Noten von Ananas und Papaya mit sich bringt. Viele Kaffees in unserem Sortiment kommen nach wie vor aus Berlin, einige aus anderen deutschen Regionen oder auch Skandinavien. Aktuell featuren wir auch regelmäßig kleinere Röstereien, die ab von den urbanen Ballungsräumen seit Jahren exzellente Pionierarbeit leisten. Dieses Bewusstsein wollen wir stärken und verbreiten!
Ihr habt auch Kaffee von Neues Schwarz. Wie ist es zu diesem Kontakt gekommen und was schätzt ihr an der Zusammenarbeit?
Der Kontakt kam vor ein paar Jahren durch einen ehemaligen Kollegen und eure Kaffees haben sich in kürzester Zeit eine große Fanbase bei uns aufgebaut. Zu Recht! Wir wissen eure Professionalität, Zuverlässigkeit und Engagement riesig zu schätzen und freuen uns auf hoffentlich viele weitere Jahre der Zusammenarbeit zwischen Berlin und Dortmund.
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