El Rubi
Special Edition

     Begriffe wie Boskoop, Braeburn, Elstar oder Gala sind vielen bekannt, weil sie Apfelsorten beschreiben, die in Deutschland angebaut werden. Man findet in deutschen Supermärkten oder Hofläden kaum Äpfel, dessen Sorten unbekannt oder nicht ausgezeichnet sind. Sprechen wir aber über Sidra oder Geisha, weiß kaum jemand worum es geht.

Obwohl Kaffee zur Gruppe der vielfältigsten Pflanzen der Erde zählt und unzählbare Ausprägungen existieren, ist es nach wie vor so, dass es nicht der Standard ist, dass die Varietät der Kaffeepflanze benannt wird. Verwirrend kann deswegen sein, dass sich auf unseren Verpackungen Bezeichnungen wie Yellow Bourbon, Pacamara, Castillo oder SL28 für die jeweilige Varietät finden.


Seit 2015 kaufen, rösten, probieren, verpacken, lieben und verkaufen wir bei Neues Schwarz selbst gerösteten Kaffee. Immer wieder sind es Kaffees, die wir kennen und schon häufiger probiert haben. Inzwischen sind viele davon fester Bestandteil unseres Sortiments und kehren immer wieder - dem Erntezyklus entsprechend - zurück in unsere Regale. Und manchmal öffnet sich eine neue Tür und wir probieren einen Kaffee, der anders ist als vieles, was wir bisher in unser Portfolio aufgenommen haben. Beispiele aus der Vergangenheit wären Varietäten wie Geisha, Sudan Rume oder Pink Bourbon.

Unsere neue Special Edition El Rubi ist ein weiteres wunderbares Beispiel dafür. Der Kaffee kommt aus dem Südwesten Kolumbiens und wird dort von Wilder Lazo kultiviert. Die Varietät heißt Sidra. Es handelt sich dabei um eine, die, wie viele Varietäten, ursprünglich aus Äthiopien stammt. Von dort fand sie den Weg nach Südamerika und erzielt dort seit einigen Jahren erstaunlich gute Ergebnisse. Das ist keine Selbstverständlichkeit. In Gesprächen mit Produzent:innen haben wir immer wieder zu hören bekommen, dass die Versuche, die raren Varietäten aus anderen Ländern oder Kontinenten anzubauen, oftmals scheiterten. 


Wir haben mit Wilder Lazo, dem Produzenten des El Rubi, persönlich gesprochen, um herauszufinden, welche Schwierigkeiten er dabei hatte, Sidra zu kultivieren und wie er überhaupt an die Samen kam.

Für ihn war schon immer klar, dass die genetische Struktur von Kaffee beeinflussen wird, in welcher Form er in Zukunft kultiviert werden kann. Denn Kaffeebauer:innen stehen vor Herausforderungen, die sie meistern müssen, um ihren Lebensunterhalt weiterhin als solche verdienen zu können. Eine der schwierigsten Aufgaben ist die drastische Veränderung des Klimas. Diese beeinflusst Mikroklimata, Niederschläge und Trockenzeiten, um nur einige wichtige Faktoren von Kaffeeanbau zu nennen, die in Relation zum Klimawandel stehen. Da das Aufhalten der Klimakrise eher unwahrscheinlich scheint, versuchen viele Kaffeeproduzent:innen die Bereiche zu optimieren, die sie optimieren können. Eine Möglichkeit ist es, untypische Varietäten, wie den Sidra, anzubauen. Dadurch erreicht er vor allem qualitative Vorteile und ein Alleinstellungsmerkmal, das seine Stellung am Kaffeemarkt verbessert.


Geschmacklich findet man vor allem typische Noten eines Kaffees aus Äthiopien. Tropische und süße Früchte und sehr komplexe Florale Nuancen.


Der Anbau ist, aufgrund der feuchten und gebirgigen Umgebung, sehr aufwändig und komplex. Die Pflanze wächst nur mit ausreichend Schatten und ist sehr anfällig für die Krankheit Kaffeerost. Zusätzlich gibt es wenig Erfahrungswerte, die den Anbau von Sidra betreffen. Auf Wilders Farm wächst der Kaffee auf 1940 Metern. Die Bäume des Sidra sind sehr hoch gewachsen und häufig mit stabilen Stämmen ausgestattet. An diesen hängen dunkelrote Kaffeekirschen, die sich durch einen sehr hohen Zuckergehalt auszeichnen. Dieser ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass man in der Tasse des El Rubi eine besonders intensive Süße wahrnehmen kann. Geschmacklich findet man vor allem typische Noten eines Kaffees aus Äthiopien. Tropische und süße Früchte und sehr komplexe Florale Nuancen.


Um die Varietät so rein wie möglich zu halten, hat Wilder einen Bereich auf seiner Farm sehr bewusst darauf vorbereitet. Bevor der erste Sidra Samen gepflanzt wurde, hat er alle phänotypischen Kaffeepflanzen, also alle die, die üblicherweise auf kolumbianischen Farmen wachsen, entfernt. Diese würden automatisch dazu beitragen, dass neue Kreuzungen von verschiedensten Varietäten entstehen und die unbekannte Varietät Sidra verdrängen.

Für Wilder ist das Kultivieren des Sidra bisher eine reine Erfolgsgeschichte. Nachdem er ein Kilogramm seines Pink Bourbon mit einem befreundeten ecuadorianischen Kaffeebauern gegen ein Kilogramm Sidra getauscht hatte, erwartete er nicht allzu viel und war vor allem neugierig, wie sich dieser Kaffee auf seiner Farm verhält. Jetzt ist es eine seiner erfolgreichsten Varietäten, die von vielen bekannten internationalen Röstereien gekauft wird. Der Aufwand hat sich also mehr als bezahlt gemacht.

Text: Max Zocher

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